Kontakt und Widerstand

Die Wolfsfrau windet sich

Ich befinde mich gerade im magischen Wald von Brocéliande in der Bretagne. Die Sonne scheint, ein leichter Wind zersaust meine Haare, während ich hier am Laptop sitze. Alles zieht mich raus in den Wald, in die Natur - die Waldfee ruft. Zudem möchte ich einige Recherchen zu meiner Reise im September intensivieren.

 

Da gibt es gerade Momente, in denen ich zweifle. In denen sich der Widerstand regt. Widerstand gegen die Stunden vor dem Laptop, Widerstand gegen den technischen Aufwand mit einem Coaching via Internet. Widerstand gegen die Technik, die mir wertvolle Zeit draußen "klaut". Widerstand vor allem auch, weil auf Reisen die technische Einrichtung oft schwierig ist, denn ich halte mich an abgelegenen Orten in der Natur auf und nicht in Hotels oder Großstädten. 

 

Ich bin nicht jemand, die sich gerne in geschlossenen Räumen aufhält. Ich schätze das Internet durchaus - den weltweiten Raum. Um Kontakte zu knüpfen und zu erhalten. Aber für mich ersetzt nichts den direkten Kontakt. So weit, so gut - auch eine Erkenntnis. Andererseits zeigt es mir sehr deutlich, dass ich beruflich mit meinen Angeboten auf dem für mich richtigen Weg bin - Natur-Coaching, Reisebegleitung, Workshops.  

 

Wo also bleibt beim Coaching gerade meine Naturverbindung? Genau dort finde ich ja die Wildnatur, die dem Projekt hier zugrunde liegt, die geweckt werden möchte und die ich dann wieder in den Alltag mitnehmen möchte. Die Wölfin windet sich... 

 

Kontakt - Analyse der Bestandteile

Aber nun von vorne: Neue Woche, neue Hausaufgabe. Ich atme immer noch; das bleibt. Ich sinke in meine Gefühle, lasse Altes gehen - auch das bleibt. Und tut richtig gut! 

 

Neu ist das Thema Kontakt. Welches Bedürfnis lässt mich Kontakt aufnehmen? Was passiert da bei mir, welcher Wunsch liegt dem zugrunde? Was unternehme ich, um dieses Bedürfnis zu stillen? Und was passiert dann im Kontakt? Wie verleibe ich mir das Gewünschte ein? Wann ist mein Bedürfnis gestillt? Das einfache Beispiel war Lust auf Apfel - Apfel holen - Apfel essen - Lust auf Apfel gestillt. Soweit klar. Nach dem Weg fragen ist auch noch recht einfach: richtigen Weg finden wollen - in Kontakt gehen und nach dem Weg fragen - Antwort bekommen - Weg wissen. Meistens. 

 

Was aber passiert, wenn ich nicht das bekomme, was ich mir wünsche? Oder wenn ich den einen Wunsch mit einem anderen ersetze?  

 

Interessanterweise habe ich zeitgleich letzten Samstag beim Abschluss meiner Erzähler-Ausbildung meine selbst erfundene Geschichte vom "Markt der verkauften Träume" erzählt. Darin geht es auch um unerfüllte Wünsche, die irgendwann auf jenem Markt verkauft werden. Weil man Geld braucht. Weil es zu anstrengend scheint, sie zu verwirklichen. Weil es zu lange dauert. Weil man einen anderen Traum interessanter findet. Oder eben den einen Wunsch mit einem Ersatz befriedigt. Damit eben nicht befriedigt. Wie hieß das schöne Lied? "Ich will keine Schokolade, ..." ;-) 

 

Was passiert da mit der Wildnatur - meinem Thema? Woher weiß ich, dass das Bedürfnis, das ich da verspüre meiner wirklichen Natur entspricht und nicht ein Ersatz ist? 

 

Fragen über Fragen, die mir da durch den Kopf schossen, als ich Johannas Film zum Thema im Internet anschaute. Einige konnten wir bei unserem virtuellen Gesprächstermin klären, andere warten noch.

 

Ich habe die Tendenz schnell mit dem Verstand nach vorne zu preschen und Theorien auf ihre Tauglichkeit abzuklopfen. Dabei denke ich auch gerne mal um die Ecke und manchmal auch um ein paar Ecken. Ich liebe das intellektuelle Spiel. Bringt aber nicht unbedingt weiter, wenn es um den eigenen Entwicklungsweg geht. Eine Ausweichstrategie? Vielleicht... 

 

Trotzdem schadet es nicht, sich ab und an intellektuellen Gedankenspielen hinzugeben - es hält den Geist fit und beweglich. Und ich liebe den Austausch darüber - herrlich! 

 

Aber natürlich kann ich darüber auch wunderbar den Gefühlen ausweichen und sie aufweichen. Indem ich sie analysiere und zuordne, bin ich schon wieder auf Abstand; in Sicherheit vor der Flut. 

 

Wunsch und Wirklichkeit

Seit ich mit dem Thema dieser Woche(n) unterwegs bin, achte ich mehr auf Kontakte. Was passiert, wenn ich mir meines Bedürfnisses bewusster bin. Das kann von der Frage nach der richtigen Metro in Paris bis hin zu tiefen Gesprächen und dem Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung gehen. 

 

Zu Anfang dachte ich: "Hey, wow! Das funktioniert ja alles viel besser! Die Leute sind viel freundlicher!". Selbst in Paris hatte ich außergewöhnlich herzliche Begegnungen. Ich wurde aber auch eines Besseren belehrt. Gerade die letzten beiden Tage hatte ich sowohl als auch. Sowohl absolut magische Kontakte als auch ziemlich ignorante Reaktionen, die mich wirklich geärgert haben. Dumm, ignorant und degradierend. 

 

Aber warum lasse ich mich von solchen Leuten verärgern? Warum begegne ich ihnen nicht einfach mit einem Lächeln und einer "Lass-deinen-Frust-bei-dir"-Mentalität? Weil sie anders reagiert haben als erwartet? Weil sie nicht nach meinen Regeln gehandelt haben? "Sei stets höflich", wäre eine davon.

 

Inwieweit muss ich meinen Platz behaupten und inwieweit kann ich zurücktreten und der Dummheit mit weiser Zurückhaltung begegnen? Der Klügere gibt nach? Ist das immer so? 

 

Und schon wieder: Fragen über Fragen. 

 

Und Widerstand

 

 

Das Hier und Jetzt - die Verbindung von Wunsch und Wirklichkeit

Gleichzeitig gebe ich zu, dass sich eine gewisse Ungeduld breit macht. Bringt mich das wirklich weiter? Wo ist der Weg zu meiner Wildnatur bei den ganzen Gedankenspielen? Es scheint mir gerade alles sehr verkopft, auch wenn die Ausrichtung durchaus praktisch ist. Mein Wunsch ist es aus dem Verstand in den Körper und in die Gefühlswelt zu gelangen - mich zu spüren und zu fühlen. Im Hier und Jetzt. 

 

Das ist dann auch die Verbindung zu meiner Hausaufgabe: im Hier und Jetzt. Was empfinde ich, was möchte ich? Was tue ich, um das zu erhalten? Wie verleibe ich mir das ein? Und wann ist das Bedürfnis gestillt?

 

Nicht wirklich eine bahnbrechend neue Theorie. Im Alltag für mich vor allem interessant, wenn etwas in Schieflage gerät. Wenn ich verunsichert oder wütend werde. Reagiere ich aus dem Hier und Jetzt oder reagiere ich nach alten Mustern, die der Situation überhaupt nicht angepasst sind?

 

Ein Beispiel: Vor ein paar Tagen freute ich mich, müde und erschöpft nach einer langen Wanderung, schon auf ein leckeres Essen und kühlen Cidre und wurde dann von der Dame am Eingang ignoriert, weil ein Paar, das nach mir kam, lohnender schien. Sie bekamen den letzten Tisch, ich durfte draußen bleiben. Und schwupps! - war ich die kleine Ursula, die übergangen wird. "Wie unfair!", schrie es in mir. Es ist aber kein wirklicher Grund wütend zu werden. Und ganz nebenbei: welche Autorität schenke ich der Bedienung da über mich? 

 

Dann kann ich abklopfen: ist die Reaktion adäquat? Kann ja auch sein. Meist ist es eine Mischung. Ja, es ist ärgerlich, übergangen zu werden und ich finde dann darf man auch Unmut zeigen. Es ist aber kein Weltuntergang. Ich kann auch in einem anderen Restaurant essen. 

 

Satt werde ich allemal - so oder so. ;-) Und meinen Widerstand gegen Unachtsamkeiten solcher und anderer Art behalte ich.  

 

In diesem Sinne: die Waldfeen von Brocéliande rufen, das Wetter ist wie bestellt und ich sättige erst einmal meinen Hunger nach dem Hier und Jetzt, lebe meine Wildnatur im Kontakt mit allem, was mir da begegnen mag. 

 

Kleiner Nachtrag: Der Text entstand am 11. Mai 2018. Beim darauf folgenden Coachingtermin hat sich der Widerstand tatsächlich zum Teil als alte Ausweich-Strategie herausgestellt. Zum Teil... Dazu mehr im nächsten Beitrag. Dieses Mal mit weniger Wartezeit - die Ereignisse auf Reisen forderten mehr Präsenz im Hier und Jetzt, denn im Internet ;-). Jetzt bin ich aber ganz im Hier und Jetzt auf Ouessant, der Insel der Frauen und damit der perfekte Ort für die weibliche Wildnatur! 

 

Was dieser Blog möchte...

Ich bin selbst Coach. Ich begleite Menschen in ihren Prozessen und Übergängen. Ich weiß, dass so ein Weg nötig ist und dass wir ihn alle von Zeit zu Zeit gehen, denn Veränderung ist Leben, auch wenn sie manchmal anstrengend oder sogar schmerzhaft erscheint. 

 

Ich möchte zeigen, dass wir für wirkliche und dauerhafte Veränderung auch allen Mut zusammen nehmen und uns unseren Ängsten stellen müssen. Der Prozess der Veränderung ist nicht unbedingt angenehm, aber genau das ist auch der Weg zur Erneuerung, zum Wachstum, zum Wandel, zur Erlösung. 

 

Stelle ich mich nicht den Schatten, stehe ich auch nicht im Licht. 

 

Auch ich habe meine Themen und bin nicht 'perfekt'. In diesen Zeiten der Transformation kann ich mich führen lassen, genauso wie ich andere Menschen in ihren Themen führen kann. Führen, ohne vorauszugehen wohlgemerkt, denn der Weg ist immer der eigene. 

 

... und was er nicht ist.

Es wird hier keinen Seelen-Striptease geben. Meine zutiefst persönlichen inneren Prozesse sind eben genau das: persönlich. Sie bleiben bei mir. Die persönlichen Prozesse reflektiere und filtere ich, so dass der Prozess trotzdem nachvollziehbar bleibt. Alles andere wäre Unsinn. 

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